Denny ist mittlerweile zehneinhalb Jahre alt und seit genau neun Jahren ist er schon Teil meines Lebens. Wahnsinn, wie die Zeit verfliegt und wie viele Jahre er bereits mein ständiger Begleiter ist!

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich ihn Anfang 2012 kennengelernt hatte und er sich noch mitten in der Ausbildung zum Blindenführhund befand. Kaum war seine Ausbildung abgeschlossen, verließ er auch schon die Führhundschule und sein gewohntes Umfeld und musste kurz darauf in der Gespannprüfung zeigen was er gelernt hatte. Natürlich musste nicht nur Denny während der Gespannprüfung seine beste Leistung bringen, sondern auch ich musste zeigen, dass wir als eingespieltes Team super zusammenarbeiten.

Doch, "nach der Ausbildung ist vor der Ausbildung" und so mussten wir auch durch unseren Umzug nach München häufig neue Herausforderungen überwinden. Eine besonders große neue Herausforderung steht uns beiden nun bald bevor.

Der Alterungsprozess

Ein Spruch besagt: "Vier Jahre lernt der Hund, vier Jahre führt der Hund, jedes weitere Jahr ist ein Geschenk!"

Und tatsächlich, kaum hatte Denny ausreichend Erfahrung in der Führarbeit gesammelt und war damit zum zuverlässigen Blindenführhund geworden, da begann leider auch schon der Alterungsprozess. Allzu kurz leben unsere Hunde, sie altern etwa sieben mal so schnell wie wir Menschen. Ihre Lebenserwartung liegt bei etwa neun bis 14 Jahren, wobei die untere Grenze leider sehr häufig auf gute Blindenführhunde zutrifft, die fast täglich im harten Alltag ihren „Mann“ stehen müssen und stark beansprucht werden. Dabei hängt die individuelle Lebenserwartung von verschiedenen Faktoren, wie von genetischen Aspekten, äußeren Einflüssen, ausgewogener Ernährung und ausreichender Bewegung ab.

Ich habe stets Sorge getragen, dass es Denny an nichts fehlt und er sich neben seiner Arbeit wohl fühlt. Natürlich hat er einen häufig stressigen Job als Blindenführhund in der Großstadt München und die Stadtluft hier ist auch nicht immer die beste. Mittlerweile merke ich ihm sein Alter deutlich an.

Die ersten Anzeichen für sein fortschreitendes Alter waren meiner Familie vor etwa zwei Jahren aufgefallen. Zu diesem Zeitpunkt hatte langsam sein Fell begonnen an den Lefzen und später am Kinn zu Ergrauen. Kurz darauf habe auch ich die ersten altersbedingten Führprobleme wahrgenommen.

Die alltäglichen Anzeichen

Denny ist mittlerweile deutlich ruhiger, führt langsamer und trottet nun bei unseren Spaziergängen meist nur noch hinterher. Auch lassen seine Führfähigkeiten mehr und mehr nach.

Immer häufiger springt er nicht mehr allein in die Straßenbahn, U-Bahn, S-Bahn, Bus, Zug oder Auto und wieder hinaus, Treppensteigen fällt ihm sichtlich schwerer als früher, steht trotz einem extra neu angeschafftem orthopädischen Seniorenbett nur mit Mühe auf, ist bereits nach kleinen Führtätigkeiten sehr müde, bleibt in Menschenmassen unvermittelt stehen, zeigt durch häufiges Gähnen, Schmatzen, sich über die Nase lecken und hecheln Anzeichen der Erschöpfung.

Diese lange Liste von Anzeichen sind nur einige, welche man nach und nach im Alltag wahrnehmen kann. Sie sind für einen alternden Hund völlig normal.

Die letzten Jahre

Wenn sich die altersbedingten Anzeichen häufen, wird es für mich als Führhundhalter zur Aufgabe über das Wohl von Denny im Alter nachzudenken. Hat er mich doch jahrelang als treuer Helfer und Gefährte sicher durch die Welt geführt. Nun folgt die schwerste Entscheidung die ich je treffen musste, bei der allerdings bereits von Anfang an klar war dass diese kommen würde. Wo wird er seinen Ruhestand genießen?

Anfangs überlegte ich, ob Denny einfach weiterhin bei mir bleiben sollte und ich mir für die Führarbeit einen neuen Blindenführhund zulegen sollte. Die Option ist in der Praxis nicht unüblich und hat Vor- und Nachteile. Ich verwarf diesen Gedanken nach einiger Abwägung, schließlich hat er es verdient in seinen Ruhestand dem Stadtlärm zu entkommen und entspannt die Seele baumeln zu lassen.

Also begann das Grübeln, wo Denny am besten zukünftig leben sollte. Mir kamen die verschiedensten Personen in den Kopf, die Denny sehr mag und bei denen ich ein super Gefühl haben würde, wenn er bei ihnen lebt. Nach und nach sprach ich die Personen darauf an und nach reichlichen Gesprächen, als auch einigen Treffen stand fest bei wem Denny sein hoffentlich noch langes Rentnerleben verbringen darf.

Wie geht es für mich weiter?

Da ich befürchte, dass mit Denny seinem rentenbedingten Auszug bei mir eine große Leere in meiner Wohnung, in meinem Büro und in meiner Seele entstehen könnte, musste ich mir noch über einen anderen Punkt klar werden. Will ich auch zukünftig einen Blindenführhund mit all seinen Vor- und Nachteilen als meinen ständigen Begleiter haben oder möchte ich wieder zurück zu meinen Blindenlangstock wechseln?

Die Frage konnte ich mit einem klaren "Ja" zum Blindenführhund beantworten.

Mit Denny habe ich eine Selbständigkeit und Sicherheit erreicht, die allein durch Einsatz des Blindenlangstocks nicht möglich wäre. Auch habe ich keinerlei Aktivitäten in meinem Alltag, an denen mein Blindenführhund nicht teilnehmen kann. Er begleitet mich beim Einkaufen, bei Arztbesuchen und in der Freizeit, z. B. zum Sport, bei Spaziergängen, Teilnahme an Veranstaltungen und zur Aufrechterhaltung von Kontakten.

Um den Übergang so nahtlos wie möglich zu gestalten, nahm ich bereits vergangenes Jahr mit meiner Führhundschule Kontakt auf. Denny seine ehemalige und mir bestens vertraute Trainerin Kathi begab sich auf die Suche nach einem zu mir passenden Welpen, um diesen auszubilden. Zu der Ausbildung und den ersten Berührungspunkten mit der neuen Begleiterin werde ich euch in einem zukünftigen Artikel mehr berichten.

Ihr könnt wie immer gerne Fragen zum Thema stellen. Gern hier in den Kommentaren oder direkt per Mail. (Ich habe gemerkt, dass Letzteres sehr viel beliebter ist. Warum eigentlich?)

Kommentare  
So ein interessantes Thema! Ich habe irgendwie gedacht, dass ein Blindenhund ein Leben lang bleibt. Aber ein Hundeleben ist ja nun mal kürzer. Vielen Dank für die Aufklärung! Viele Grüße Lara
Hi Lara, es freut mich sehr dass dir mein Beitrag gefallen hat. Ja, das ein Blindenführhund sein Lebenlang bei seinem Halter bleibt glauben die Meisten und ich hätte Denny auch sehr gerne bis zum Schluss behalten. Doch wie ich im Artikel versucht habe zu vermitteln habe ich mich aus verschiedenen Gründen dagegen entschieden. LG Stephan
Hi Tanja,
wenn man bedenkt was so ein Blindenführhund am Ende seiner Ausbildung alles können muss und welchem Stress er Tag täglich ausgesetzt ist sind 9 Jahre eine lange Dienstzeit.
Wie geschrieben war es möglich dass Denny auch bei mir oder meiner Familie geblieben wäre. Doch ich habe mich für die in meinen Augen bessere Wahl für uns beide entschieden.
p.s.: selbstverständlich werde ich hier bald darüber berichten wie es für mich weiter ging.
LG
Stephan
Oh je, Führhunde bleiben nur so kurz in der Familie? Ich habe mir da nie Gedanken drüber gemacht. Auch nicht, wie lange eine solche Ausbildung für den Hund und den Halter dauern würde. Ein sehr spannender Artikel. Ich hoffe, du lässt uns auch an der Ausbildung deines zukünftigen Hundes teilhaben!
Hi Gabi,
es freut mich zu lesen das du mich verstehen kannst.
Denny und ich haben nur noch wenige gemeinsame Tage, die wir auch sehr genießen.
LG
Stephan
Hallo Stephan, ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen. Ich finde es toll, dass du trotz so einer schweren emotionalen Entscheidung, die Emotionen hinten anstellst und die ganze Geschichte rational betrachtest. Hut ab. Dir viel Erfolg mit dem neuen kleinen und alles gute für Denny. Viele Grüße Gabi
Hi Orange Diamond, Katharina, Astrid, Sandra, Mo, Steffi und Anja,
ich versuche derzeit jede Minute die ich mit Denny verbringen kann so gut wie möglich zu genießen und möglichst viele Dinge mit ihm zu unternehmen die ihm gefallen.
Selbstverständlich wird es schwer ihn in wenigen Tagen in Rente zu schicken, auch wenn ich ihn dann häufiger besuchen werde, doch so ist es einfach das Beste für ihn.
Übrigens das Blindenführhunde nach ihrem „Karrierewechsel“ wie der Renteneintritt auch gerne genannt wird, auch weiterhin bei ihrem Halter bleiben dürfen oder an einen ihnen gut vertrauten Ort umziehen ist nicht überall so.
In anderen Ländern ist es üblich das Blindenführhunde bereits nach einigen Jahren den „Karrierewechsel“ vollziehen und zurück zu der Führhundschule gehen, die sie ausgebildet hat.
Ich finde beide Systeme haben ihre Vor- und Nachteile.

LG
Stephan
zitiere Stephan:
Hi Annette, Renate, Anja, Jana, Miriam, Katja und Melissa,
ich hoffe das meine Entscheidung Denny sein Rentnerleben nicht bei mir verbringen zu lassen die richtige Entscheidung war.
Da es bis dahin jedoch noch ein paar Tage sind versuche ich jede gemeinsame Minute mit ihm zu genießen und sein neues Zuhause so häufig wie möglich aufzusuchen.
LG
Stephan


Lieber Stephan,
ich bin mir sicher, dass du den Übergang für deinen Denny in sein Rentenleben bestmöglich gestalten wirst. Wenn das Tier die Umgebung gut kennt, wird es für es einfacher sein.
Hoffentlich kannst du ihn dort oft besuchen.
Herzliche Grüße
Anja von STADT LAND WELTentdecker
Huhu,

Ich habe mich tatsächlich öfters gefragt was mit den Hunden passiert, wenn sie halt schon älter sind. Ich glaube ich könnte mich gar nicht von dem Tier trennen, aber kann verstehen das du es musstest und wolltest, damit er noch einen schönen Ruhestand erleben darf :-)

LG
Steffi
Lieber Stephan,
ich habe mich schon öfter gefragt, was mit Blindenführhunden "passiert", die ihren Job Altersbedingt nicht mehr ausüben können. Es ist schön, dass du dir so viele Gedanken darum gemacht hast, wie du Denny ein schönes Rentenalter bescheren kannst. Vor deiner Entscheidung habe ich großen Respekt, mir würde dieser Schritt sehr, sehr schwer fallen. Weil ich eben nebenbei auch immer Sorge hätte, dass a) mich mein treuer Begleiter ebenso schmerzlich vermisst wie ich ihn und ich b) irgendwie auch mit meinem schlechten Gewissen zu kämpfen hätte.
Aber (!) du hast das Wohl deines Gefährten im Blick und ich hoffe, dass ihr dennoch noch richtig schöne Momente zusammen erlebt. Denny ist ja zum Glück nicht so weit weg, dass du ihn nicht mehr besuchen kannst.

Liebe Grüße
Mo
Was für ein wunderbarer, berührender Beitrag. Auch wenn ich mir nicht vorstellen könnte, ein Tier nach so einer Zeit gehen zu lassen. Wenn irgendwie möglich würde ich diesen bei mir lassen. Aber ich verstehe auch deine Ansicht und denke, dass du sicher das Richtige machst. Liebe Grüße - Sandra
Lieber Stephan, dein Bericht ist klasse geschrieben und hat mich sehr berührt. Vielen Dank für die Einblicke in dein Leben und deine Entscheidungen. Ich wünsche dir und deinem Hund alles Gute.
Liebe Grüße astrid von www.golefanio.de
Traurig, aber auch irgendwie schön dass Tiere mit Jobs auch in Rente gehen dürfen. Der Therapiehund einer Bekannten, der sie jahrelang in der Praxis begleitet hat ist auch vor kurzem in Rente gegangen.
Die Tiere leisten so viel, da ist es schön wenn sie auch noch Ruhezeit bekommen.

Hoffentlich findest Du einen tollen neuen Führhund!
Ich finde es wirklich schön geschrieben und sehr spannend zu lesen, wie ein Blindenhund einen Alltag erleichtert. Genieße die Zeit mit Denny, die dir noch bleibt. Er wird dich vermissen.
Hi Annette, Renate, Anja, Jana, Miriam, Katja und Melissa,
ich hoffe das meine Entscheidung Denny sein Rentnerleben nicht bei mir verbringen zu lassen die richtige Entscheidung war.
Da es bis dahin jedoch noch ein paar Tage sind versuche ich jede gemeinsame Minute mit ihm zu genießen und sein neues Zuhause so häufig wie möglich aufzusuchen.
LG
Stephan
Was für ein wunderbarer Hund. Ich finde es klasse, wie du damit umgehst und zum Wohle des Hundes entscheidest. Ich selbst habe einen Hund, er ist mittlerweile schon 12 Jahre. Unglaublich oder, zum Glück ist er noch Top fit. Du hast eine tolle Lösung gefunden. Lg Melissa
Lieber Stephan,

großer Respekt vor Deiner Entscheidung. Du denkst komplett zum Wohle des Hundes und stellst Dich in den Hintergrund. Wie schön für Denny.
Ich wünsche Dir, dass die gefundene Lösung reibungslos funktioniert und es Denny noch lange gut geht.
Ihr werdet Euch ja sicher auch noch öfter sehen, oder?

Viele Grüße, Katja vom WellSpa-Portal
Lieber Stephan,
Ich habe ganz großen Respekt vor dieser Entscheidung. Ich glaube nicht, dass ich mich nach so langer Zeit von meinem Hund trennen könnte. Natürlich hat er ein Leben mit viel Ruhe verdient, aber so ein Wechsel ist ja auch anstrengend für einen Hund. Ich bin mir ganz sicher, dass du Denny über alles liebst und ein tolles Zuhause für ihn finden wirst - und du wirst ihn sicher mal besuchen, oder?
Liebe Grüße von Miriam von www.nordkap-nach-suedkap.de
Wir haben erst vor zwei Wochen einen Welpen bekommen und ich kann mir das Leben ohne sie gar nicht mehr vorstellen - auch wenn es zugegeben ganz schön stressig sein kann! Ich finde deine Entscheidung trotzdem gut, so hat Denny noch ein entspanntes Leben, bei Menschen, die er mag, auch wenn er dich sicher vermissen wird!

Liebe Grüße
Jana
Lieber Stephan,
da hast du ein schwieriges Thema in einem spannenden Beitrag verpackt - wieder einmal herzlichen Dank für die Einblicke.
Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie schwer es für dich sein muss, dich von Denny zu trennen. Ich könnte das vermutlich nicht und würde den Hund bei mir behalten.
Für euren weiteren Weg wünsche ich euch alles Gute.
Herzliche Grüße
Anja von STADT LAND WELTentdecker
Toll geschriebener Beitrag! Da merkt man sofort, dass es ein echtes Herzensthema für Dich ist. Und für mich war es sehr interessant, so viel über Blindenführhunde zu lernen. Alles Gute für Deinen Denny und Dich. Und viel Erfolg bei der Ausbildung des jungen Hundes.
LG Renate von Trippics
Ein wirklich spannender Bericht. Es ist immer schwierig einem treuen und geliebten Partner loszulassen. Um so schöner, dass Du eine so tolle Lösung gefunden hast.
Alles Liebe
Annette
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