Ordnung ist für mich wichtig. Nicht weil ich pingelig bin, sondern weil ich mich als Blinder auf klare Strukturen verlassen muss. Dafür verwende ich im Alltag verschiebene Hilfsmittel. Doch manchmal zeigt sich der wahre Wert eines Hilfsmittels nicht im normalen Alltag, sondern in besonderen Momenten. Genau das ist mir passiert, als meine Freundin die Braille-Prägezange ohne mein Wissen verwendet hat, um mir einen barrierefreien Adventskalender zu basteln.
Warum das überhaupt ein Thema ist?
Adventskalender passend zu den eigenen Geschmäckern gehören für viele Menschen zur Vorweihnachtszeit einfach dazu. Für Blinde sieht die Sache jedoch anders aus: Die Auswahl an Adventskalendern mit Brailleschrift ist klein und oft teuer, lieblos gestaltet oder schlicht nicht verfügbar. Wer sich auf haptische Beschriftungen verlässt, hat kaum Möglichkeiten, etwas Fertiges zu kaufen. Meine Freundin hat das erkannt. Also hat sie selbst einen Weg gefunden, mir etwas Persönliches zu meinem Geschmack passendes und gleichzeitig vollständig barrierefreies zu schenken.
Die Idee: Adventskalender trifft Braille-Prägezange
Statt auf fertige Lösungen zurückzugreifen, hat sie ihre Kreativität genutzt und meine Braille-Prägezange aus dem Schrank gekramt. Mit ihr hat sie Zahlen von 1 bis 24 geprägt, deutlich tastbar, widerstandsfähig und für mich sofort eindeutig. Jede kleine Tür bekam so ein eigenes Braille-Etikett, sodass ich jeden Tag selbstständig das richtige Türchen finden konnte. Für sie war es ein Bastelprojekt, für mich war es ein Stück Selbstständigkeit und ein unglaublich liebevolles Detail, das den Advent zu etwas Besonderem gemacht hat.
Die Prägezange im praktischen Alltag
Natürlich nutze ich die Zange nicht nur zur Weihnachtszeit. Die Braille-Prägezange ist inzwischen ein wichtiges Hilfsmittel geworden, mit dem ich vieles im Haushalt taktil organisieren kann:
- Kabel und Netzteile
- Technische Geräte
- Gewürze und Vorratsbehälter
- Aktenordner und Unterlagen
Sie verarbeitet selbstklebende Bänder von 9 bis 13 mm Breite, ist sowohl in Schwarzschrift als auch in Braille beschriftet und liefert klare, gut fühlbare Prägungen. Ein Etikett oder ähnliches ist so schnell Zeichen für Zeichen geprägt. Die Bedienung ist insgesamt intuitiv und zuverlässig.
Ein ehrlicher Blick auf die Schwächen
So nützlich die Zange ist, gibt es eine Grenze: Für längere Texte oder etliche Etiketten hintereinander braucht man spürbar Handkraft. Wer mehrere Dutzend Etiketten am Stück prägen möchte – wie meine Freundin beim Adventskalender oder ich als mein Gewürzspender neu beschriftet werden musste – merkt das recht schnell in der Hand. Im normalen Alltag stört das kaum, aber es ist ein realer Punkt, den man wissen sollte.
Kosten und Material
Die Prägezange hat eine UVP von über 70 Euro, wird aber oft günstiger angeboten. Die passenden Prägebänder gibt es in verschiedenen Farben. Bei spezialisierten Hilfsmittelanbietern sind sie manchmal teuer, weshalb No-Name-Produkte oder Plattformen wie ebay eine gute Alternative darstellen.
Fazit
Für mich ist die Braille-Prägezange nicht nur ein praktisches Hilfsmittel, sondern auch ein Symbol dafür, wie inklusiv und kreativ man den Alltag gestalten kann. Im Haushalt sorgt sie für Struktur und im Advent hat sie mir ein Erlebnis ermöglicht, das nicht selbstverständlich ist: einen liebevoll gestalteten, vollständig ertastbaren Adventskalender, den ich ohne Hilfe nutzen kann.
Bei diesem Beitrag handelt es sich um keine Werbung, keine Kooperation – nur ein Erfahrungsbericht und ein großes Dankeschön an alle Menschen, die mitdenken, mitgestalten und Barrieren auf ihre ganz eigene Weise abbauen.
