Es gibt eine Vielzahl an Methoden, wie sich Blinde in der Welt zurechtfinden. Der Blindenstock ist das am häufigsten verwendete Hilfsmittel, um sich fortzubewegen. Aber gibt es in unserer modernen Gesellschaft keine elegantere Methode? Diese Frage stellte ich mir bereits kurz nach meiner Erblindung, als ich das erste Mal einen Blindenstock benutzte. Vor kurzem stieß ich dann auf eine meiner Meinung nach sehr interessante Erfindung: den TaCit-Ultraschall-Handschuh.
Die Idee und das Prinzip
Steve Hoefer hat mit dem TaCit einen elektronischen Ersatz für den Blindenstock in Form eines Handschuhs entwickelt. Im Betrieb wird der Handschuh, ähnlich wie ein Blindenstock, mit der Hand hin und her geführt, um das Umfeld unmittelbar vor dem Benutzer zu erfassen. Diese Bewegung ist notwendig, da der TaCit mit mehreren Ultraschallsensoren und zwei Servomotoren ausgestattet ist. Die Servomotoren üben den entsprechenden Druck auf den Handrücken aus und geben dem Benutzer so Rückmeldung über Gegenstände vor oder neben ihm – und das ganz ohne weiteres Hilfsmittel. Die Ultraschallsensoren senden in kurzen Abständen für den Menschen unhörbare Schallwellen aus, die von der Umgebung reflektiert werden, um die Entfernung zu messen. Sie erfassen einen Bereich von etwa 2 cm bis 3,5 Meter.
Wo kann man den TaCit kaufen?
Steve Hoefer wollte mit seiner Erfindung erreichen, dass der TaCit für jeden finanzierbar ist. Daher hat er sowohl die Baupläne als auch das Schnittmuster für den Handschuh und die notwendige Software unter eine Creative Commons-Lizenz gestellt, sodass jeder den Sensorhandschuh ohne Lizenzgebühren nachbauen kann. Wenn man den TaCit selbst bauen möchte, kann man alle benötigten Bauteile für ungefähr 65 Euro auf der Bestellseite erwerben. Neben den Sensoren wird ein kleiner Arduino-Kontroller sowie eine 9-V-Batterie benötigt.
Gekauft und getestet
Mein Bruder fand diese Erfindung so genial, dass er die Bauteile sofort bestellte und zusammenbaute. Zu Weihnachten überraschte er mich dann mit dem bereits funktionierenden TaCit, und ich konnte es kaum erwarten, ihn zu testen und auszuprobieren, ob er wirklich hält, was er verspricht.
Erster Test im Wohnzimmer
Nachdem ich ihn mir auf die Hand schnallte und mich durch das Wohnzimmer bewegte, war es zunächst ein ungewohntes Gefühl, sich nur auf diese Technik und die Rückmeldung über die Servomotoren zu verlassen. Doch ich wurde zuverlässig informiert, sobald sich ein Stuhl, Tisch oder anderes Möbelstück vor mir befand. Überrascht von diesen positiven Eindrücken, ging ich durch unser Haus, und der TaCit zeigte mir auch alle weiteren Gegenstände an, sodass ich sie sicher umgehen konnte. Selbst halb offene Türen wurden so angezeigt, dass ich sofort wusste, wo sie sich befinden, und problemlos hindurchgehen konnte.
Test im Garten
Als nächstes wollte ich den TaCit in einem etwas komplexeren Umfeld testen und ging trotz eisiger Temperaturen damit in unseren Garten. Hier traf ich auf eine Vielzahl unterschiedlicher Hindernisse, wie niedrige Hecken, Gartenmöbel und Blumentöpfe. Der TaCit zeigte auch hier zuverlässig an, wenn sich ein Hindernis in meiner Nähe befand. Besonders beeindruckend war, dass ich sogar kleinere Objekte wie die Blumentöpfe rechtzeitig erkannte und umgehen konnte, ohne sie versehentlich umzustoßen. Allerdings stieß ich auch hier auf eine Herausforderung: Bewegliche Objekte, wie zum Beispiel unsere Hündin, die durch den Garten lief, wurden zwar wahrgenommen, aber es war schwer, ihre Position und Bewegung genau zu bestimmen. Hier zeigte sich eine klare Grenze des TaCit, da der Blindenstock in solchen Situationen durch den direkten Kontakt zuverlässiger ist.
Test im Treppenhaus
Schließlich wollte ich wissen, wie sich der TaCit in einem mehrstöckigen Gebäude verhält und testete ihn im Treppenhaus. Beim Aufstieg funktionierte der TaCit weitgehend gut, da er die nahen Wände und das Geländer erkannte. Doch beim Abstieg erkannte ich ein ernstes Problem: Der TaCit konnte mir nicht anzeigen, wann eine Treppenstufe endet und die nächste beginnt. Diese Einschränkung machte mir bewusst, dass das Gerät in solchen Situationen keine ausreichende Sicherheit bieten kann. Ohne zusätzlichen Blindenstock hätte ich beim Abstieg ein hohes Risiko, zu stolpern.
Test in der Stadt
Ein weiterer Test fand in Erfurt statt, um zu sehen, wie sich der TaCit in einer belebten Umgebung bewährt. Hier gab es viele unterschiedliche Hindernisse, wie parkende Autos, Straßenschilder und Fußgänger. Der TaCit konnte größere Hindernisse wie Autos und Mülltonnen zuverlässig erkennen, doch bei Menschenmengen oder beweglichen Hindernissen wurde es schwieriger. Der Handschuh konnte mir nicht eindeutig anzeigen, ob sich eine Person vor mir bewegt oder stehen bleibt, was zu unsicheren Situationen führte.
Mein Fazit
Der TaCit ist eine großartige Erfindung, und ich bin gespannt auf die weitere Entwicklung dieses vielversprechenden Projektes. Jedoch kann ich den TaCit in seiner aktuellen Form nicht als alleinigen Ersatz für den Blindenstock empfehlen, besonders nicht für Vollblinde. In einigen spezifischen Situationen, wie in belebten Gegenden oder im Treppenhaus, zeigte der TaCit deutliche Grenzen. Dennoch ist er ein interessantes Hilfsmittel, das als Ergänzung zum Blindenstock in gut bekannten oder kontrollierten Umgebungen durchaus nützlich sein kann.
Was haltet ihr von solchen technischen Hilfsmitteln? Würdet ihr den TaCit ausprobieren? Lasst es mich in den Kommentaren wissen!
das klingt nach einer wunderbaren Erfindung, die das Leben sehbehinderter Menschen deutlich vereinfachen wird.
Ich denke in der Wohnung oder auch in Kombination mit einem Stock sorgt es bestimmt für mehr Sicherheit und ist eine Erleichterung.
Liebe Grüße, Katja
ja so wie dieses Gerät entwickelt wurde hat es nur einen geringen Mehrwert für mich gehabt.
Mittlerweile gibt es jedoch deutlich weiterentwickelte Produkte auf dem Markt.
Da ich jedoch inzwischen mit Denny die beste Alternative habe, habe ich diesen keinen Ausführlichen Test und somit auch keinen Beitrag gewidmet.
LG
Stephan
Das klingt nach einer tollen Idee - aber die Umsetzung scheint noch nicht so gut. Wie du schon sagst, das mit der Treppe ist natürlich lebensgefährlich und damit taugt der Handschuh leider nicht für den Alltag. Mir wäre das jedenfalls zu gefährlich, da irgendwo hinunter zu stürzen. Das ist bei einem Loch im Boden oder mit Stufen, wenn du dich draußen bewegst, ja das gleiche. Das kann böse enden.
Liebe Grüße von Miriam von www.nordkap-nach-suedkap.de
das ist ja eine richtig tolle Erfindung! Wie schade, dass Du es nicht draußen im Alltag verwenden kannst. Oder dann vielleicht in der Kombination mit dem Blindenstock? Aber das ist dann auch keine Erleichterung, oder?
Liebe Grüße
Lisa