Auf einer der letzten Hilfsmittelausstellungen des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes (BBSB) in München stieß ich auf den innovativen Orientierungs- und Navigationsgürtel (naviGürtel) von feelSpace. Der Gürtel verspricht eine intuitive sowie diskrete Navigation und nutzt dazu sanfte Vibrationen um Richtungsinformationen an den Körper des Tragenden zu übermitteln. Da ich sehr häufig mit meiner Blindenführhündin Alma oder einem Blindenstock unterwegs bin, hat mich die Idee einer zusätzlichen Orientierungshilfe sofort neugierig gemacht. In diesem Bericht teile ich meine Erfahrungen und erläutere, wie sich der Gürtel in meinem Alltag und bei Spaziergängen bewährt hat.
Lieferumfang und Ersteindruck
Der Navigürtel von feelSpace kommt in einer ansprechend gestalteten und kompakten Verpackung. Neben dem Gürtel selbst enthält die Lieferung ein Ladegerät sowie eine ausführliche gedruckte Bedienungsanleitung. Besonders positiv hervorzuheben ist, dass ich die Anleitung zusätzlich in Audio- und Digitalform per E-Mail erhielt, was die Zugänglichkeit sicherstellt. Der Gürtel selbst ähnelt einem schlanken Nierengurt, wie ihn auch Motorradfahrer nutzen. Er ist etwa 8 cm breit und besteht aus robustem, aber dennoch angenehm zu tragendem Material. 16 kleinen Vibrationsmodule sind gleichmäßig um den Gürtel verteilt. Eine 6×8 cm große Bedieneinheit mit vier Tasten und Akku ist ebenfalls am Gürtel befestigt.
Inbetriebnahme
Die Inbetriebnahme des Navigürtels gestaltet sich denkbar einfach. Man legt den Gürtel an, aktiviert ihn mit dem Ein-/Ausschalter und verknüpft ihn mittels Bluetooth mit der feelSpace-App auf dem eigenen Smartphone (iOS / Android). Ein freundlicher Mitarbeiter von feelSpace unterstützte mich telefonisch bei der Ersteinrichtung und erklärte geduldig alle Funktionen des Gürtels und der App. Neben dem Ein-/Ausschalter gibt es an der Bedieneinheit drei weitere Tasten: eine zum Starten der Navigation nach Hause, eine zum Pausieren der Navigation und eine zur Aktivierung des Kompassmodus. Der gesamte Prozess war intuitiv und unkompliziert, was nicht nur für blinde Nutzer besonders wichtig ist.
Funktionalität
Der Navigürtel nutzt ein ausgeklügeltes System von Vibrationen, um die Richtung anzuzeigen, in die man sich bewegen soll. Die Stärke und Dauer der Vibrationen lassen sich über die App individuell anpassen. Während meiner Tests bemerkte ich, dass die Vibrationen sehr präzise sind und in verschiedenen Intensitäten ausgegeben werden können. Ich testete den Gürtel in unterschiedlichen Situationen, sowohl mit Alma als auch mit dem Blindenstock, und war beeindruckt von der Effektivität der Vibrationssignale.
Der Gürtel bietet mehrere Navigationsmodi, die ich im Folgenden näher beschreiben möchte:
- Kompassmodus: Dieser Modus zeigt mir kontinuierlich die Richtung des geografischen Nordens an. Die Vibration verstärkt sich, wenn ich von dieser Richtung abweiche, was mir hilft, mich besser zu orientieren.
- Turn-by-Turn-Navigation: Diese Funktion leitet mich Schritt für Schritt zu einem ausgewählten Ziel. Der Gürtel vibriert, um mir anzuzeigen, wohin ich abbiegen oder die Richtung ändern muss.
- Luftlinien-Navigation: Hierbei zeigt mir der Gürtel direkt die Richtung zu meinem Ziel an, ohne dabei die vorhandenen Wege zu berücksichtigen. Diese Funktion ist besonders nützlich in offenen Räumen oder beim Queren von großen Flächen.
Benutzerfreundlichkeit
Die feelSpace-App ist übersichtlich und benutzerfreundlich gestaltet. Sie ermöglicht es mir, meine Route vorher festzulegen, und ich kann die Navigationsmodi je nach Situation anpassen. Besonders praktisch ist die Möglichkeit, die Vibrationsstärke individuell zu regulieren. Diese Anpassungen sind entscheidend, um die Nutzererfahrung zu optimieren und den Gürtel an meine Bedürfnisse anzupassen. Zusätzlich verfügt die App über eine Karte, die mir die geplante Route visuell anzeigt, was für sehende Begleitpersonen nützlich sein kann. Ein weiteres Highlight ist die Möglichkeit, Orte als Favoriten zu speichern, was mir die Navigation an häufig besuchte Ziele erleichtert.
Tragekomfort
Der Navigürtel ist leicht und sitzt bequem auf der Hüfte. Auch bei längeren Spaziergängen oder an wärmeren Tagen empfand ich den Gürtel nie als störend. Das atmungsaktive Material sorgt dafür, dass der Gürtel auch an warmen Tagen angenehm bleibt. Dank des praktischen Klettverschlusses lässt sich der Gürtel schnell an- und ablegen. Die Vibrationen sind deutlich spürbar, aber nicht unangenehm, was ein gutes Gefühl der Kontrolle vermittelt, ohne abzulenken. Auch bei wechselhaften Wetterbedingungen wie Regen oder Hitze bewährte sich der Gürtel und blieb stets komfortabel.
Erfahrungen und Anwendung
Spaziergang durch einen Park
Bei einer Hunderunde mit Alma in einem der etlichen Münchner Parks nutzte ich den Turn-by-Turn-Modus des Gürtels. Der Gürtel leitete mich zuverlässig durch die oft unübersichtlichen Wege und half mir, Orientierungspunkte schnell zu identifizieren. Besonders in unübersichtlichen Bereichen, wo der Blindenstock nur begrenzt helfen konnte, erwies sich der Gürtel als wertvolle Unterstützung. So konnte Alma ihre Freizeit genießen und ich hatte zeitgleich die Ohren frei um mitzubekommen wo sie langläuft. Hierfür musste ich jedoch kreativ werden, da die feelSpace App nur auf Open Street Map oder Apple Karten zugreifen kann und keine Wanderrouten von Komoot nutzt. Ich hatte einfach eine Zieladresse am anderen Ende des Parks angegeben, Open Street Map als verwendetes Kartenmaterial eingestellt und mich beim erreichen wieder an den Ausgangspunkt, den ich zuvor als Favorit gespeichert habe, zurück navigieren lassen.
Besuch eines großen Supermarkts
Beim Einkauf in einem großen Supermarkt, vor dem ein großer Parkplatz überquert werden muss, nutzte ich den Luftlinien-Modus des Gürtels. Dies ermöglichte es mir, nur mit Blindenstock direkt zum Supermarkteingang zu navigieren, ohne mich durch die parkenden Autos und Einkaufswägen irritieren zu lassen. Der Gürtel wies mir stets die Richtung zum Eingang und half mir so, sicher und zielgerichtet dorthin zu gelangen.
Erkundung einer fremden Stadt
Während eines Aufenthalts in einer mir fremden Stadt nutzte ich ebenfalls den Turn-by-Turn-Modus des Navigürtels, um mich unter anderem von der Bushaltestelle zu meinem Hotel als auch zurück zu orientieren. Hierbei half mir der Gürtel besonders beim Überqueren eines stark befahrenen Kreisverkehrs, die richtige Richtung einzuschlagen, ohne durch Kopfhörer vorbeifahrende Fahrzeuge etc. nicht mitzubekommen. Die Vibrationen zeigten mir genau, wann ich einen Abzweig nehmen musste, was mir eine sichere Navigation ermöglichte und verhinderte, dass ich mich in der fremden Umgebung unsicher fühlte.
Akkulaufzeit
Die Akkulaufzeit des Navigürtels ist beeindruckend. Selbst bei täglicher Nutzung hielt der Akku mehrere Tage durch und machte bei 20% Restladung mit einem kurzen Signalton darauf aufmerksam. Das Aufladen ging schnell und unkompliziert, sodass der Gürtel nach wenigen Stunden wieder einsatzbereit war. Die lange Akkulaufzeit ist besonders bei ausgedehnten Spaziergängen oder Reisen von Vorteil. Ich schätzte die Zuverlässigkeit des Akkus, insbesondere bei längeren Ausflügen mit Alma.
Praxistauglichkeit
In der Praxis hat sich der Navigürtel von feelSpace als äußerst nützlich erwiesen, sowohl mit meinem Blindenführhund als auch mit dem Blindenstock. Bei Spaziergängen in der Natur bot der Gürtel zusätzliche Sicherheit, indem er mich in die richtige Richtung führte, während Alma mehr Freiheiten genießen konnte. In unbekannten Gegenden, in denen ich oft auf zusätzliche Navigations-Apps angewiesen bin, half mir der Gürtel dabei, komplexe Kreuzungen oder belebte Plätze sicherer zu navigieren.
Fazit
Der Navigürtel von feelSpace ist ein durchdachtes und nützliches Hilfsmittel, das sich als wertvolle Ergänzung zu meinen bestehenden Orientierungshilfen erwiesen hat. In Kombination mit Alma und dem Blindenstock bot der Gürtel eine intuitive Navigation und erhöhte meine Sicherheit in verschiedenen Umgebungen. Die einfache Bedienung, der hohe Tragekomfort und die zuverlässige Funktionalität machen ihn zu einer echten Bereicherung für meinen Alltag. Für Menschen, die auf zusätzliche Orientierungshilfen angewiesen sind, stellt der Navigürtel eine lohnende Investition dar, zumal er als eingetragenes Hilfsmittel von der Krankenkasse finanziert werden kann. Ich bin gespannt auf die zukünftige Entwicklung solcher Technologien und hoffe, dass wir bald noch mehr Hilfsmittel haben werden, die nahtlos miteinander interagieren und Blinden sowie sehbehinderten Menschen noch mehr Unabhängigkeit ermöglichen.
Transparenzhinweis
Dieser Artikel ist nicht gesponsert. Der Navigürtel von feelSpace wurde mir ausschließlich zu Testzwecken zur Verfügung gestellt. Ich habe keinerlei finanzielle oder andere Gegenleistungen vom Hersteller erhalten. Die hier dargestellten Erfahrungen und Meinungen spiegeln meine persönlichen Eindrücke wider.
ich bewundere es immer, wie fundiert du deine Praxistests mit uns teilst. Obwohl ich dieses Hilfsmittel gar nicht benötige, finde es super interessant, welche Möglichkeiten zur Unterstützung es heute so gibt. Und bei dieser Auswahl ist es absolut hilfreich, wenn solche aussagekräftigen Produktreviews verfasst werden.
Top, dass es so ein nützliches Produkt gibt.
Liebe Grüße
Mo
vielen Dank für dein nettes Feedback!
Es freut mich sehr, dass mein Testbericht für dich interessant ist, auch wenn du den Navigürtel selbst nicht benötigst.
Ja, es ist wirklich spannend, wie viele hilfreiche Produkte es mittlerweile gibt, die das Leben von Menschen mit Behinderungen erleichtern können.
Dein positives Feedback motiviert mich, weiterhin solche praktischen und informativen Berichte zu verfassen.
Liebe Grüße
Stephan
es freut mich sehr, dass der Beitrag dein Interesse geweckt hat!
Ja, es ist wirklich beeindruckend, wie Technologie uns hilft, alltägliche Herausforderungen zu meistern und das Leben zu erleichtern.
Vielen Dank für dein positives Feedback, das bedeutet mir viel!
Ich hoffe, dass auch in Zukunft noch viele spannende Gadgets entwickelt werden, die das Leben von Menschen mit einer Sehbehinderung weiter verbessern.
Liebe Grüße,
Stephan
Liebe Grüße und eine frühliche Weihnachtszeit
wünscht Jana
vielen Dank für deinen Kommentar!
Es freut mich, dass dir der Testbericht gefallen hat.
Der Nafigürtel nutzt tatsächlich GPS, um die Orientierung zu unterstützen und gibt durch Vibrationen Hinweise auf Richtungsänderungen oder Hindernisse.
Ich habe mich persönlich sehr schnell an die zusätzliche Vibrationsunterstützung gewöhnt und bin wirklich zufrieden mit der Funktionsweise des Geräts.
Ich wünsche dir ebenfalls ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Liebe Grüße
Stephan
verstehe ich das System richtig, Du fütterst es mit der Information wohin du möchtest?
Wie lange hat es gedauert, bis du dich mit dem System der Vibration vertraut gemacht hast? Oder ist es nur ein anderes System, was du bereits von anderen Firmen kanntest?
Da ich mich noch nie damit beschäftigt habe, kann ich es mir überhaupt nicht vorstellen, finde es aber sehr spannend immer wieder zu lesen, welche Hilfsmittel es als Unterstützung im Alltag gibt.
Liebe Grüße, Katja
vielen Dank für deinen Kommentar und dein Interesse an meinem Testbericht!
Ja, das System funktioniert tatsächlich so, dass man ihm über die App oder mittels "Zuhause" Knopf das Ziel vorgibt.
Die Vibrationen des Gürtels helfen dann dabei, sich orientiert zu bewegen, indem sie dich in die richtige Richtung leiten.
Was die Eingewöhnungszeit betrifft: Für mich war es tatsächlich eine spannende Erfahrung.
Ich hatte zuvor schon mit anderen Nafigationslösungen gearbeitet, aber die Art und Weise, wie feelSpace das Feedback gibt, ist, da die Ohren frei bleiben besonders hilfreich.
Es hat ein paar Spaziergänge gedauert, bis ich mich an die Vibration gewöhnt habe, aber nach einer kurzen Zeit war es erstaunlich intuitiv und unterstützend.
Es freut mich, dass du dich für solche Hilfsmittel interessierst!
Die Technologie entwickelt sich stetig weiter und es gibt immer wieder neue Ansätze, die Blinde und sehbehinderte im Alltag unterstützen können.
Falls du weitere Fragen hast, stehe ich gerne zur Verfügung!
Liebe Grüße,
Stephan
kürzlich habe ich an einer Online-Präse des Gerätes teilgenommen und musste leider vernehmen, dass zum Laden das aus der Zeit gefallene Micro-USB verwendet wird!
Ist das immer noch so oder wird endlich USB-C eingesetzt?
Danke und Gruß,
Achim
vielen Dank für deinen Kommentar!
Ja, du hast recht, der Micro-USB-Anschluss wirkt mittlerweile etwas veraltet, besonders in Zeiten, in denen USB-C immer mehr zum Standard wird.
Zum Zeitpunkt meines Tests war das Gerät noch mit Micro-USB ausgestattet, aber es könnte sein, dass es inzwischen ein Update gibt, das auf USB-C umgestiegen ist.
Ich empfehle, die aktuellen Produktinformationen von feelSpace zu überprüfen oder direkt bei ihnen nachzufragen.
Was die Online-Veranstaltung betrifft, hier muss ich zu bedenken geben: Eine solche Präsentation ist nicht der ideale Rahmen, um selber festzustellen welch große Hilfe dieser Gürtel bringt.
Um das volle Potenzial des Produkts wirklich zu verstehen, muss man es selbst ausprobieren.
Am besten eignet sich, wie von feelspace angeboten, eine Testphase über mehrere Tage in der vertrauten Umgebung, bei der man den Gürtel nicht nur im gewohnten Terrain, sondern auch in unbekannten Gegenden testet
Nur so kann man die vollen Vorteile des Gürtels wirklich einschätzen.
Beste Grüße,
Stephan