In meinen letzten Beiträgen habe ich euch mit auf die Reise genommen, wie ich meinen Weg zu einem Blindenführhund gefunden habe. Ich hatte euch berichtet, wie ich die für mich richtige Führhundschule gefunden habe und die ersten aufregenden Tage mit meinem treuen Begleiter Denny. Doch das Abenteuer endet nicht hier. Am Ende einer intensiven Einarbeitung steht eine große Herausforderung: die Prüfung. In diesem Beitrag möchte ich euch von diesem entscheidenden Tag erzählen – von den Vorbereitungen, der Nervosität und dem Moment, in dem sich alles auszahlt.
Der Anruf der Prüferin
Am Abend klingelte wie so häufig mein Telefon und die von der Krankenkasse ausgewählte Prüferin rief mich an. Nachdem sie mir mitgeteilt hatte, dass die Prüfung wie gewünscht am kommenden Tag stattfinden kann und wie diese verlaufen wird, hatte sie noch einige Fragen an mich. So wollte sie wissen, wie ich laufen möchte und ob alle Gehorsamsübungen und Hindernisse auf dieser Strecke vorhanden sind, die für diese Prüfung notwendig sind. Glücklicherweise war sie mit allem einverstanden, was sich Kathi und ich überlegt hatten. Anschließend vereinbarten wir, dass sie und Kathi wie geplant am kommenden Morgen um 10:15 Uhr zu mir kommen und dann die Prüfung beginnt. Die einzige Sache, mit der ich nicht gerechnet hatte, aber völlig verständlich ist, war, dass sie nicht wollte, dass Denny und ich die beiden zu Gesicht bekommen, bis wir den ersten Teil der Prüfung hinter uns haben. Nachdem dies alles geklärt war, beendeten wir das Telefonat.
Letzte Absprachen mit Kathi
Wie ihr euch denken könnt rief ich sogleich Kathi an, um ihr die frohe Nachricht mitzuteilen. Auch fragte ich sie, warum sie mir davon nichts erzählt hat, dass sie nicht wie sonst immer direkt hinter mir und Denny laufen wird, sondern sich gemeinsam mit der Prüferin versteckt. Davon wusste sie jedoch gar nichts und wenn ich ihr davon nicht erzählt hätte, dann wäre sie frühmorgens zu mir gekommen, um mich und Denny zu begrüßen. Da wir jedoch die Prüferin nicht verärgern wollten, vereinbarten wir, dass sie nicht früh zu mir kommt, sondern sich wie von ihr gewünscht ein paar Häuser weiter trifft. Da ich am kommenden Tag richtig ausgeschlafen sein wollte, schickte ich Denny recht früh in sein Körbchen, um anschließend auch in mein Bett zu gehen.
Der Prüfungstag beginnt
Am kommenden Morgen waren wir beide zu meiner Freude gut ausgeschlafen. Denny hatte guten Hunger und erschien auch sonst kein bisschen aufgeregt. Mir ging es zwar mit dem Hunger genauso, jedoch ein wenig aufgeregt war ich schon. Nachdem wir dann endlich startbereit waren und sich die Prüferin und Kathi so platziert hatten, dass weder ich noch Denny sie mitbekommen konnten, konnte die Prüfung endlich losgehen. Ich startete wie geplant und ging mit Denny ohne Führgeschirr, sondern nur an der Leine, aus der Tür. Ich ließ ihn ein paar Meter neben mir im Fuß gehen, dann gab ich den Befehl, dass er Sitz machen soll. Nicht weiter verwunderlich setzte er sich sogleich hin. Daraufhin gab ich die Befehle Platz und Bleib. Nachdem er sich hingelegt hatte und ich die Leine neben ihm fallen gelassen hatte, entfernte ich mich einige Meter von ihm. Dann ging ich wieder zu ihm, nahm die Leine wieder in die Hand, zog kurz an dieser. Was ihn aber nicht beeindruckte, sondern er dennoch liegen blieb. Anschließend entfernte ich mich wieder von ihm. Einige Meter entfernt blieb ich stehen. Da er noch immer super liegen geblieben war, rief ich Denny zu mir. Er marschierte direkt auf mich zu, ließ sich wie vorgeschrieben sein Führgeschirr anlegen. Dann ließ ich mich von ihm schnell zur Bushaltestelle führen. Auf dem Weg dahin zeigte er mir fein alle Bordsteinkanten, das Bushaltestellenschild und zuletzt auch noch einen freien Sitzplatz an. Dafür hatte er sich selbstverständlich eine Belohnung verdient.
Mit dem Bus nach Erfurt
Nach kurzem Warten kam dann auch schon der Bus in Richtung Erfurt. Nachdem dieser vor uns angehalten hatte, ließ ich mir den Eingang anzeigen, im Bus noch einen freien Sitzplatz suchen und dann konnte Denny sich erst einmal ausruhen. Ca. 20 Minuten später war es dann aber genug mit dem Ausruhen. Nun mussten wir wieder aus dem Bus raus und zur richtigen Straßenbahn, um zum Hauptbahnhof zu gelangen. Auf dem Weg dahin musste er wieder Bordsteinkanten anzeigen und mir neben dem Eingang in die Straßenbahn noch einen freien Sitzplatz suchen. Als wir dann endlich am Hauptbahnhof angekommen waren, ging die Arbeit für Denny aber erst richtig los. Er musste erst einmal die Straßenbahnschienen gerade überqueren, was am Erfurter Hauptbahnhof nur an einer Stelle gefahrlos möglich ist. Anschließend den Haupteingang suchen, quer durch den Bahnhof laufen, um mir den DB-Infoschalter anzeigen zu können. Von da aus führte er mich Richtung Bahnsteig und somit zur Treppe. Hierbei die Rolltreppe noch schnell verweigern, um mich dann sicher und ohne jemanden anzurempeln, noch die Treppe hochzuführen. Oben bei den Gleisen angekommen, hat er dann den Abgrund ordentlich verweigert und dann hieß es nur noch den Lift suchen. Da ich das Gefühl hatte, dass Denny bis dahin alle Aufgaben wirklich gut gemeistert hatte, belobigte ich ihn. Dass ich hiermit völlig richtig lag, wurde mir spätestens in dem kommenden Augenblick klar, denn die Prüferin trat dann zu mir und bestätigte meine Vermutung.
Mittagspause
Nun verlief alles etwas lockerer, denn wir gingen erst einmal etwas zum Mittagessen. Für den Weg zum Restaurant ließ ich Denny der Prüferin Folgen, was er ebenfalls ohne das kleinste Problem meisterte. Im Restaurant angekommen, legte sich Denny wieder ganz brav neben mich und ließ uns in Ruhe essen. Selbstverständlich brachte uns die Bedienung auch eine Schüssel Wasser für Denny, welches er sich auch mehr als verdient hatte. Frisch gestärkt musste mich Denny zu einer großen Kreuzung führen, um zu zeigen, dass er mir Ampeln ordentlich anzeigen kann und auf dem Weg auch Höhenhindernisse wenn möglich umgeht oder, falls wie in diesem Fall, einfach stehen bleibt.
Rückkehr nach Nurzen und unbekanntes Gebiet
Danach sind wir wieder mit dem Bus nach Nurzen zurückgefahren. Da angekommen, sollte Denny mich noch durch ein ihm völlig unbekanntes Gebiet führen. Anschließend sollte er mich noch einmal rechts und links einen Weg entlang führen und zum Schluss mir noch einen Zebrastreifen anzeigen. Diese Aufgaben waren aber alle auch kein Problem für Denny, weshalb er mich relativ schnell wieder nach Hause führen konnte.
Abschlusstest und Belohnung
Zuhause angekommen, hat die Prüferin dann noch schnell den Schusstest ausgeführt. Selbstverständlich war auch dieser kein Problem für Denny. So gratulierte sie mir schnell zur bestandenen Prüfung. Natürlich beglückwünschte uns Kathi auch noch kurz und dann ging es an den Papierkram. Ich hatte das Gefühl, dass es länger gedauert hat, diesen fertig auszufüllen, als die vorherige Prüfung. Was aber auch damit zu tun haben könnte, dass wir uns nebenher Kaffee und Kuchen schmecken ließen.
Diese Prüfung darf man nicht als eine Lästige Aufgabe ansehen und man muss auch keine Angst haben diese nicht zu bestehen. Sie ist lediglich ein Beweis unserer Zusammenarbeit und ein Schritt in eine noch engere Partnerschaft. Das wichtigste für mich ist zu wissen, dass wir mit Geduld, Training und Vertrauen alles erreichen können. Denny hat einmal mehr bewiesen, dass er nicht nur ein treuer Begleiter, sondern auch ein herausragender Blindenführhund ist. Bleibt dran, denn in den kommenden Beiträgen erwarten euch noch viele weitere spannende Geschichten und wertvolle Einblicke in unser gemeinsames Leben. Denn wer weiß schon was wir noch so alles gemeinsam erleben...