Normalerweise poste ich nichts im Affekt.
Normalerweise geht es in diesem Blog, wenn überhaupt, auch nur um indirekte Aufreger.
Da ich heute Nachmittag beinahe überfahren worden wäre, mache ich mit diesem Beitrag eine Ausnahme.
Wie so häufig war ich mal wieder mit Denny auf dem Heimweg und bei einer Straßenüberquerung passierte es. In diesem Fall handelte es sich um eine relativ schmale Straße ohne Ampel. Deshalb orientierte ich mich beim Überqueren allein an den Straßengeräuschen. Als ich keine Fahrzeuggeräusche ausmachen konnte, ein für mich eindeutiges Zeichen für eine freie Straße, gab ich Denny wie so häufig den Befehl über die Straße zu gehen. Doch als wir ungefähr in der Mitte der Fahrbahn waren, fuhr ein Auto beinah geräuschlos und relativ schnell vor uns entlang. Es fuhr quasi direkt vor Dennys Schnauze vorbei und da wir uns in die Richtung des Autos bewegten, war es in dem Moment höchstens einen knappen Meter von Dennys Nase entfernt.
Update: Mittlerweile hat mich ein Mitarbeiter der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen angerufen, warum er anrief und was er mir berichtete findet Ihr nun in der zweiten Hälfte des Artikels.
Aus Schreck blieben wir wie angewurzelt an Ort und Stelle stehen. Ich überlegte, ob ich gerade einen Fehler gemacht hatte und was hier gerade passiert war. Viel Zeit zum Überlegen blieb mir aber nicht, denn schon kam ein netter Man zu mir und sprach mich an. Er hatte die Situation im Augenwinkel beobachtet und meinte zu mir, dass ich doch nicht einfach die Straße überqueren kann, wenn ein Auto kommt. Nachdem ich ihm erklärte, dass ich das Auto nicht gehört hatte, wurde ihm klar, wie es zu der Situation kommen konnte. So berichtete er mir, dass es sich bei dem Auto um ein Elektroauto gehandelt hatte und diese sich quasi lautlos bewegen. Mir wurde klar, dass ich doch keinen Fehler gemacht hatte. Dies beunruhigte mich aber stärker, als wenn es anders gewesen wäre.
Als ich dann schließlich den restlichen Heimweg antrat, nahm ich meine Umwelt nur verschwommen war. Mir wollte keine Möglichkeit einfallen, wie ich solche Situationen in Zukunft meiden könnte. Blindengerechte Ampeln gab es ja schließlich nicht an jeder Straße und selbst wenn ich einen Zebrastreifen überqueren wollte, gäbe es für mich keine Möglichkeit herauszufinden, ob sich ein Elektroauto diesem nähert. Auch die Hoffnung, dass es sich hier um eine Randerscheinung handeln könnte, konnte ich gleich ins Reich der Fabeln verweisen. Schließlich wird in allen Medien die Zukunft des Elektroautos beworben und das Ende des klassischen Autos mit Verbrennungsmotor ausgerufen.
Endlich Zuhause angekommen, setzte ich mich gleich an meinen PC und versuchte herauszufinden, ob es vielleicht doch eine simple Möglichkeit gab. Häufig ist es ja so, dass man den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht. Bereits nach kurzer Suche fand ich heraus, dass es leider keine Möglichkeit gibt, Elektroautos außer durch das Gehör auszumachen. Aufgrund dessen wurde bereits im April 2014 eine EU Vorschrift beschlossen, die besagt, dass alle Elektro- und Hybrid- Fahrzeuge dazu verpflichtet sind, sowohl beim Vorwärts- als auch beim Rückwärtsfahren ein künstlich erzeugtes Geräusch abzugeben. Hierfür muss jedes Fahrzeug mit einer entsprechenden Technik die sich Acoustic Vehicle Alert System (AVAS) nennt versehen werden. Das AVAS muss bis zu einer Geschwindigkeit von zehn Kilometern pro Stunde ein 50 Dezibel lautes Geräusch von sich geben. Bei 20 Stundenkilometern sind mindestens 56 Dezibel vorgeschrieben und im Rückwärtsgang sind grundsätzlich 47 Dezibel vorgeschrieben. Bei dem Geräusch handelt es sich um einen künstlich erzeugten Ton, der nicht vorgeschrieben wird, sondern von den Fahrzeugherstellern selbstständig entwickelt werden soll. Hierbei sollen diese möglichst einen Ton entwickeln, der identisch klingt, wie ein gleichwertiges Fahrzeug mit Verbrennungsmotor.
Soweit so gut, jedoch besagt diese Vorschrift auch, dass diese Regelung nur für Autos zutrifft, die nach dem 01. Juli.2019 entwickelt werden und für alle Fahrzeuge die nach dem 01. Juli 2020 zugelassen werden. Auch müssen sie, sobald sie eine Geschwindigkeit von 20km/h überschreiten, kein Geräusch mehr abgeben, da in diesem Augenblick die Rollgeräusche der Räder angeblich genügend Geräusche abgeben würden. Mir ist es völlig unklar, warum die EU eine so unfallvorbeugende oder gar lebenswichtige Vorschrift verabschiedet und dann erst 5 Jahre später anlaufen lässt. Auch konnte ich keine Information dazu finden, ob Fahrzeughalter, die bereits heute über ein Elektrofahrzeug verfügen, diese nachträglich noch mit einem AVAS versehen müssen.
Update: Ein interessantes Telefonat!
Der obere Teil dieses Artikels stammt vom 14. August 2017. Heute ist der 28.08.2017 und mich hat heute ein Mitarbeiter der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen angerufen. Der Grund für seinen Anruf war eine Mail in der ich Verena Bentele über mein hier berichtetes Erlebnis mit einem Elektroauto aufmerksam machen wollte. Im Rahmen des Telefonats berichtete er mir dass er und seine Kollegen an diesem Thema bereits seit ca. 10 Jahren dran sind und es auch Zukünftig nicht aus den Augen verlieren werden. da es sich hier jedoch um eine komplizierte Angelegenheit handelt, denn Deutsche Hersteller vertreten andere Vorstellungen, als ausländische werden die Verhandlungen sehr erschwert. Weiterhin informierte er mich das sie am 01.Juley erreicht haben das Elektrofahrzeuge das AVAS nicht mehr wie ursprünglich vorgesehen jederzeit ausschalten können. Auch müssen nun bereits vor dem 01.07.2019 gekaufte Fahrzeuge mit einem AVAS nachgerüstet werden. Im Augenblick versuchen Sie in Zusammenarbeit mit dem DBSV und dem EBU Neben einer früheren Einführung des AVAS noch zu erreichen dass dieses nicht nur Geräusche bis 20 km/h sondern mindestens bis 30 km/h machen muss. Ich hoffe keine Info vergessen zu haben. P.S.: Das ich den Namen des Mitarbeiters hier nicht nenne war ausdrücklich von ihm erwünscht.
Liebe Grüße
Jana
zum Glück war es nur ein Schrecken, den du da erfahren hast und es ist nichts passiert. Es ist nicht einfach und wenn dann noch das Gehörn nicht mehr arbeiten kann weil nichts zu hören ist, ist man aufgeschmissen.
Hoffe das so was nicht wieder passiert.
Liebe Grüße
Julia
Erstmal toi toi , dass nichts passiert ist. Die Elektroautos sind auch für gut sehende gefährlich, weil man sie eben nicht hört.
Lg Ute reist
Ich bin mal als Journalistin vor vielen, vielen Jahren ein Elektroauto Probegefahren, um darüber zu berichten. Ich hatte ungefähr die gleiche Situation, nur als Autofahrer. Ich habe in dem Moment nicht bedacht, dass man das Auto nicht hören kann - und irgendwann lief quasi einfach jemand "vors Auto". Zum Glück war ich nicht schnell unterwegs und konnte problemlos halten. Aber das kann echt mega gefährlich werden.
Liebe Grüße von Miriam von www.nordkap-nach-suedkap.de
das klingt echt gefährlich. Früher als ich noch zur Schule gegangen bin, habe ich mich auf dem Heimweg auch auf mein Gehör verlassen. Ich war mit dem Rad unterwegs und der Radweg führte auf eine Straße im verkehrsberuhigten Bereich (viele Autos fahren trotzdem schneller als 30) und auf beiden Seiten waren hohe Hecken. Das kann bei Elektroautos echt gefährlich werden.
Liebe Grüße
Beatrice von www.lady-bella.de
wie Frank schon richtig geschrieben hat, möchte nicht jeder Blinde einen Blindenführhund. Auch ist ein Blindenführhund nur ein Hund, was gleichzeitig auch bedeutet dass dieser leider die Geschwindigkeit eines Autos nicht immer richtig einschätzen kann. In meiner Situation war das Elektroauto scheinbar noch so weit entfernt als wir die Straßenüberquerung begonnen hatten das Denny dachte dass wir noch ungefährdet auf die andere Straßenseite gelangen können.
Stephan
Nicht jeder blinde Mensch hat einen Blindenhund zur Seite....
mal eine ganz unbedarfte Frage von einer ahnungslosen Sehenden (nicht böse nehmen). Sollte der Blindenhund bei Personen, die einen haben, nicht ein solches Auto sehen und verhindern dass man dann über die Straße geht?
ein ernstes Thema! Ich (blind) hatte ein ähnliches Erlebnis zum ersten Mal im Sommer 2015 und es hat mein Sicherheitsgefühl im Straßenverkehr massiv und anhaltend verändert.
Ich hoffe, es ändert sich etwas, bevor der erste Blinde von einem Elektroauto überrollt worden ist...
BIs dahin, viele Grüße und eine schöne Adventszeit.
Frank
klar, Probleme mit Radfahrer gibt es natürlich auch (zumal die meisten nicht einmal eine Klingel zu besitzen scheinen).
Wenn ich aber vor die Wahl gestellt würde, würde ich mich lieber von einem Fahrrad als von einem Auto anfahren lassen.
was mich interessieren würde. Müßte es dann nicht schon lange Probleme mit Radfahrern geben? Die sind ja noch leiser aufgrund der fast nicht vorhandenen Reifengeräusche.
letzten Donnerstag hat mich ein Mitarbeiter der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen angerufen.
Der Grund für seinen Anruf war eine Mail in der ich Verena Bentele über mein hier berichtetes Erlebnis mit einem Elektroauto aufmerksam machen wollte.
Im Rahmen des Telefonats berichtete er mir dass er und seine Kollegen an diesem Thema bereits seit ca. 10 Jahren dran sind und es auch Zukünftig nicht aus dem Augen verlieren
werden. da es sich hier jedoch um eine komplizierte Angelegenheit
handelt, denn Deutsche Hersteller vertreten andere Vorstellungen, als ausländische.
Weiterhin informierte er mich das sie am 01.Juley erreicht haben das Elektrofahrzeuge das AVAS nicht mehr wie ursprünglich vorgesehen jederzeit ausschalten
können.
Auch müssen nun bereits vor dem 01.07.2019 gekaufte Fahrzeuge mit einem AVAS nachgerüstet werden.
Im Augenblick versuchen er und seine Kollegen in Zusammenarbeit mit dem DBSV und dem EBU
Neben einer früheren Einführung des AVIS noch zu erreichen dass dieses nicht nur Geräusche bis 20 km/h sondern mindestens bis 30 km/h machen muss.
Ich hoffe keine Info vergessen zu haben.
Gruß
Stephan
entsprechenden Gremien dran. Einfach ist es nach ihren Berichten nicht, da die Scene der Lobbyisten groß ist und gerade, aufgrund der Geräuschlosigkeit,
dieses E-Auto ja u.a. zelebriert wird. Interessant wäre einmal zu wissen, ob Dieses AVAS nicht von den Autobesitzern eigenhändig abgestellt werden kann?
Und übrigens bekommen auch sehende Personen einen Schreck, wenn plötzlich so ein Auto an ihnen vorbeifährt. So meinem Kollegen geschehen auf einer ländlichen
Straße, wo es keinen Bürgersteig gibt.
schön, dass es nur beim Schrecken geblieben ist. und du heil aus der Sache rausgekommen bist.
Es muss wahrscheinlich erst ein Blinder überfahren werden, ehe wirklich geschieht :-(
Udo