Ich bin mir sicher, jeder ist schon einmal Nachts in der dunklen Wohnung umher gelaufen ohne das Licht einzuschalten. Die meisten werden daher auch wissen, wie schmerzhaft es sein kann, wenn man hierbei den im Raum stehenden Stuhl oder die quer über den Flur verteilten Schuhe vergessen hat. Was viele nicht realisieren ist, dass dies für einen blinden Menschen ein alltägliches Problem darstellt.

Viele völlig normale Dinge kann ich mir aus diesem Grund nicht leisten. So ist es zum Beispiel schwierig das Trinkglas oder den Laptop irgendwo auf dem Sofatisch abzustellen, weil es an der Tür klingelt. Auch ein Stuhl den ich vom Tisch wegstelle um wieder einmal ein Foto für meinen Blog zu knipsen kann ich nicht mitten im Raum stehen lassen. Selbst der Rucksack vom letzten Nurzen-Besuch kann, unbedacht in einer Ecke abgestellt, teilweise Schmerzhaft oder Teuer enden. Eine gewisse Sorgfalt ist angebracht, doch bereits Kleinigkeiten reichen aus.

So können zum Beispiel ein eingehender Anruf oder der Postbote mit der neuen Lieferung Hundefutter schon indirekt daran Schuld sein, dass ich diese scheinbaren Kleinigkeiten vergesse. Doch aus diesen Kleinigkeiten können schnell Probleme entstehen. "Wo hatte ich noch gleich den Laptop hingestellt" fragt man sich, während man mit schnellem Wischen über den Tisch auch schon das volle Glas Wasser umgeworfen hat. Ist das Malheur erst einmal passiert heißt es schnell sein. Könnte der Laptop geflutet sein? Wie sieht es mit dem Netzteil und den damit prikelnden 230V aus? Wie weit reicht die Verwüstung? Umso spaßiger wird das ganze, wenn es sich statt Wasser beispielsweise um die von mir zu oft getrunkene klebrige Cola handelt.

Doch kleine Verwüstungen sind das geringere Problem. Anders sieht es mit Dingen wie dem Rucksack-Beispiel aus. Nach einem Klingeln kann dieser auf dem schnellen Weg zur Wohnungstür ein schmerzhaftes und gefährliches Hindernis zum Darüberfallen darstellen.

Damit mir solche Situationen seltener passieren habe ich mir eine gewisse Ordnung angewöhnt. Dinge stehen, ob in Schränken oder bei Möbeln im Zimmer, falls möglich am Rand bzw. in/an einer Ecke. Das hat sich als sehr praktisch erwiesen, da ich so beim Suchen in Schränken nichts verschieben oder umkippen kann. Auf Tischen wirken Objekte am Rand im ersten Moment in einer gefährlicheren Position, wenn diese allerdings bekannt ist das allerdings unkritisch und man hat sich nebenbei gleich noch ein einfaches System zum Wiederfinden geschaffen. Möbelstück oder Rucksäcke sind in am Rand eines Raumes natürlich auch ein Problem, ihr Dasein vergessen sollte man trotzdem nicht.

Halb geöffnete Türen und Fenster können übrigens ebenfalls sehr schmerzhaft sein, denn diese sind im Gegensatz zu offenen oder geschlossenen nur sehr schwer auszumachen und im richtigen Winkel stehend läuft man schnell mal direkt in die Türkante...

Ich muss im Laufe des Tages an sehr Vieles denken und für leichtsinnige Fehler ist kein Platz. Schließlich kann jede falsche Entscheidung höllisch wehtun oder teure Gegenstände zerstören. Wie wohl bei jedem Menschen angebracht, ist gerade im Haushalt eines Blinden eine gewisse Ordnung zwingend erforderlich.

Kommentare  

Wie oft hab ich mir schon so richtige heftig den Zeh gestoßen oder bin irgendwo gegengelaufen! Aber da war es meist sogar hell. Ich finde gut, dass du deine Strategien und Tricks hast und sie so gut wie möglichst umsetzt. Ich hab auch schon so oft Dinge gesucht, weil ich nicht mehr wusste, wo ich sie vor Schreck hingelegt hatte!

Liebe Grüße
Jana
Lieber Stephan,
Hier ich - ich bin so ein Kandidat, der nachts ständig auf Klo muss, das Licht nicht anmacht, und ständig gegen irgendwas laufe. Da ich im Alltag diese Einschränkungen nicht habe, ist Ordnung für mich nicht so wichtig. Aber ich finde es toll, dass du dein System gefunden hast und Regale und Co eher an den Wänden platzierst.
Liebe Grüße von Miriam von www.nordkap-nach-suedkap.de
Hi,
ich bin immer barfuß und am liebsten im Dunkeln in meiner Wohnung unterwegs.
Zumal ich auch immer genau weiß, wo max. eine Gefahrenquelle liegen könnte.
Denn für mich ist Ordnung nicht das halbe Leben, sondern essenziell :-)


Liebe Grüße, Katja
Hey Stephan,

schon meine Oma hat früher immer zu mir gesagt: "Mädchen, Ordnung ist das halbe Leben". Tja, sie hatte da in jedem Fall recht. Auch für Sehende ist das ja ein Problem. Ganz schlimm sind ja einfach so abgestellte Schuhe im Flur. Wie oft ich da schon deswegen gestolpert bin. Aber da muss ich noch ein bisschen "Erziehungsarbeit" leisten. Manch einer vergisst das immer mal wieder gerne. Das treibt mich dann schon fast in den Wahnsinn.

Liebe Grüße
Mo
Hallo Stephan,

ja kenne das aber irgendwann habe ich mir angewöhnt das Tasche/ Rucksack immer auf dem Stuhl liegt und ich schaue das der Weg frei ist. Habe das aber immer geschafft im Dunkeln durch die Wohnung zu gehen, ohne anzustoßen. Und durch die Tiere früher habe ich immer auf meine Ohren geachtet. Hören ist da doch sehr wichtig. Für dich ja noch wichtiger das nichts rumliegt. Und das Besuch nicht einfach eine Tasche wo hinstellt.

Liebe Grüße
Julia
Da denkt man als Sehender tatsächlich nicht so viel darüber nach. Aber auch da kann einiges passieren: ich bin z.B. im Hellen mit voller Wucht gegen den Couchtisch gelaufen und habe mir den kleinen Zehen gebrochen. Aber da ist man dann wirklich selbst schuld dran...
Wie machst du denn die Fotos für dein Blog?
Ich finde es immer wieder toll, wie du deinen Alltag beschreibst. Und was für "uns Sehende" einfach ganz normal ist, kann dich belasten.
Viele liebe Grüße
Sandra
Lieber Stephan,
oh ja, das kenne ich auch, dass Dinge, die irgendwo rumstehen, wo sie sonst nicht sind oder an Orten, an denen sonst nichts steht, schnell zur Stolperquelle werden. Wie oft bin ich schon nachts order auch tags in Eile irgendwo gegen gelaufen.
Auch wenn wir es hier recht ordentlich halten, passiert es doch immer wieder einmal.
Herzlichen Gruß
Anja von STADT LAND WELTentdecker
Hi Ernst,
du hast selbstverständlich völlig Recht dass es sich hier um ein alltägliches Thema handelt.
Ich habe jedoch feststellen müssen dass sich viele über diese Problematik keine Gedanken machen, weshalb dieser Artikel als sinnvoll erschien.
Bezüglich der offenen Türen, hier gibt es eigentlich nur die Möglichkeit mit Freunden, Familie, Kollegen usw. über dieses Thema zu reden so dass das Risiko nicht bestehen sollte. Wenn Du dich jedoch auf diese nicht verlassen kannst sehe ich nur die Möglichkeit entweder immer mit dem Stock umherzulaufen oder einen Arm schützend vor sich zu halten.
Stephan
Hey, schöner Artikel zu einem viel zu alltäglichen Thema. Wie gehst du mit der Gefahr mit halb offenen Türen um? Tipps?

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