Als ich erblindete, wusste ich zunächst nicht, wie es weitergehen sollte. Doch ungefähr ein Jahr nach meinem Unfall fasste ich mir ein Herz und stattete dem Blinden- und Sehbehindertenverband Thüringen in Erfurt einen Besuch ab, der alles ändern sollte. Hier traf ich auf freundliche Mitarbeiter und ebenfalls Betroffene, die mir wertvolle Tipps gaben, um schnellstmöglich wieder ein selbstständiges Leben führen zu können. Sie ermutigten mich auch, an den zahlreichen angebotenen Veranstaltungen teilzunehmen. Nachdem ich mich überwunden hatte, besuchte ich eine dieser Veranstaltungen und erlebte das Glück, das Lachen und die Begeisterung der anderen Mitglieder - trotz Blindheit oder Sehbehinderung.

Es war wenig überraschend, dass ich anschließend bei vielen weiteren Veranstaltungen des BSVT teilnahm und neue Kontakte knüpfte. Im Nachhinein ärgere ich mich zwar über mich selbst, so lange damit gewartet zu haben, aber bin überglücklich, dann doch diesen Kontakt aufgenommen zu haben. Diese positiven Erfahrungen motivierten mich, mich wieder ins Leben zurückzukämpfen. Im Zuge meines Umzugs nach München trat ich dem Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund (BBSB) bei, um weiterhin aktiv an Veranstaltungen teilzunehmen und neue Menschen kennenzulernen.

Ehrenamtliches Engagement in der Gesellschaft

Mit rund 29 Millionen Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, kann ich ohne Bedenken sagen, dass Deutschland ein Land der Freiwilligen ist. Viele engagieren sich in Sportvereinen, Kultur- und Bildungseinrichtungen, Katastrophenschutz, Rettungsdiensten, Jugendorganisationen, Flüchtlingshilfe, Seniorenhilfe, Tierschutz, kirchlichen Einrichtungen oder wie ich in Selbsthilfeorganisationen. Auch wenn es schwieriger wird, aktive Mitglieder zu gewinnen, bleibt das Ehrenamt wichtig.

Die Gemeinschaft stützt sich auf ehrenamtliches Engagement, sei es im Notfalldienst, in der sozialen Arbeit oder in der Unterstützung für Menschen mit Handicap. Ehrenamtliches Engagement bietet eine wertvolle Möglichkeit, sich in der Gesellschaft einzubringen und einen positiven Beitrag zu leisten. Die Motivation hierfür kann vielfältig sein – sei es das Bedürfnis, etwas zurückzugeben, oder der Wunsch, die Gemeinschaft zu verbessern.

Die Vielfalt der Angebote ermöglicht es jedem, eine passende Tätigkeit zu finden. Obwohl das Ehrenamt viele Vorteile bietet, gibt es auch Herausforderungen. Eine der größten besteht darin, genügend Zeit und Energie aufzubringen. Viele Menschen haben neben ihrem Beruf und ihren familiären Verpflichtungen kaum Zeit für andere Aktivitäten. Doch ein Ehrenamt kann auch ein Ausgleich sein. Egal ob man beruflich ein wichtiges Projekt hat oder zu Hause viel zu tun ist, bei einem Ehrenamt kann man genau das machen, worauf man gerade Lust hat. Und Ihr werdet schnell merken, jede Minute ist gut investiert.

Warum engagiere ich mich ehrenamtlich?

Nach mehreren Jahren normaler Teilnahme an den vielfältigen Veranstaltungen und Ausflügen der beiden Blinden- und Sehbehindertenvereine in Thüringen und Bayern hatte ich mich entschieden, zukünftig nicht mehr nur als Teilnehmer dabei zu sein, sondern mich ebenfalls aktiv zu engagieren. So faste ich 2017 den Entschluss, mich zukünftig nicht mehr nur vereinzellt, sondern wirklich aktiv beim BBSB einzubringen, und stellte mich zur Wahl als Mitglied des Bezirksgruppenausschusses in München. Zu meinem Glück fand ich großen Zuspruch und kann seitdem Veranstaltungen aktiv mitgestalten. Unter anderem organisiere ich das wöchentliche Showdown-Training, von dem ich euch bereits mehrfach berichtet habe. Weiterhin bin ich Mitglied im Arbeitskreis für Führhundangelegenheiten - hier arbeite ich aktiv daran mit, die Akzeptanz in der Gesellschaft für Assistenzhunde zu erhöhen und Hürden im täglichen Miteinander abzubauen. Hierfür nehmen Alma und ich nicht nur an vielen Veranstaltungen teil, sondern organisieren auch Tages- und Mehrtagesseminare für Führhundhalter. All diese Aktivitäten bieten auch die Möglichkeit, Gemeinschaft zu erleben und sich gegenseitig zu unterstützen.

Schulbesuche mit meiner Blindenführhündin Alma

Seitdem ich Alma an meiner Seite habe, besuchen wir regelmäßig Schulen. Dabei erzähle ich den Schülern vom Leben als Blinder, erläutere die täglichen Herausforderungen und wie ich diese meistere. Diese Besuche sind eine wunderbare Gelegenheit, um Vorurteile abzubauen und Einblicke in die Herausforderungen und Erfolge eines blinden Menschen zu geben. Die Schüler sind oft erstaunt, wie viel man mit den richtigen Hilfsmitteln und Strategien trotz Handicap erreichen kann.

Ein Blick in die Zukunft

Das Ehrenamt ist für mich zu einer Herzensangelegenheit geworden. Es ist meine Art, der Gesellschaft für die gebotenen Möglichkeiten zu danken. Ich sehe es nicht als bloßes Zurückzahlen, sondern als Investition in eine bessere Zukunft. Durch mein Engagement im BBSB möchte ich dazu beitragen, dass sehbehinderte und blinde Menschen in unserer Gesellschaft besser inkludiert werden. Jede Begegnung, jedes Gespräch und jede gemeinsame Aktivität bestärken mich in dem Glauben, dass wir zusammen Großes bewirken können. Ich hoffe, dass meine Geschichte andere inspiriert, sich ebenfalls ehrenamtlich zu engagieren und den Weg der Inklusion und Unterstützung weiterzugehen. Gemeinsam können wir Barrieren überwinden, Vorurteile abbauen und eine inklusive Gesellschaft schaffen, in der jeder die Chance hat, sein volles Potenzial zu entfalten.

Kommentare  
Hi Stephan, mit Deinen Ausführungen gebe ich Dir völlig recht. Auch ich übe ein Ehrenamt als Leiterin einer Bezirksgruppe aus und finde es wichtig, anderen, wenn erbeten, mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. VG
Hallo Stephan, Deinem Artikel stimme ich voll und ganz zu. Bin selber ehrenamtlich tätig im DVBS in der Bezirksgruppe. Es ist sehr wichtig, Ansprechpartner zu sein, um gegenseitige Barrieren auch in kommunikativer ARt abzubauen. Umgekehrt kostet das Ehrenamt manches mal viel Kraft nach getaner ARbiet und der Familie zusätzlich. LG Gaby
Hallo Gaby,

vielen Dank für Deinen Kommentar und Deine Zustimmung! Es freut mich, dass wir hier einer Meinung sind. Ehrenamtliches Engagement wie unseres ist tatsächlich ein wichtiger Beitrag, um gegenseitiges Verständnis zu fördern und Barrieren, auch im kommunikativen Bereich, abzubauen. Es erfordert aber, wie Du sagst, auch viel Kraft, vor allem, wenn man nebenbei noch Familie und andere Verpflichtungen hat. Umso schöner ist es, zu sehen, wie viel man durch die eigene Arbeit bewirken kann und wie wertvoll der Austausch mit anderen Betroffenen ist.

Liebe Grüße
Stephan
Ich finde es mehr als bemerkenswert, wie du mit deinem Schicksal umgehst und damit auch noch anderen Menschen Mut machst. Besonders sein Engagement an den Schulen ist ein wichtiger Beitrag dazu, dass Vorurteile und Berührungsangst abgebaut werden. Großen Respekt.
Hi Tina,



Danke für deine liebe Nachricht.
Wie ich bereits geschrieben habe ist es mir wichtig trotz behinderung zu zeigen was alles möglich ist.
Vor allem Kinder müssen hier aufgeklärt werden.
LG
Stephan
Toll dass du dich engagierst. Meine Mutter ist mittlerweile auch sehr stark sehbehindert. Ich werde mir xen Verein einmal ansehen und ihr eventuell vorschlagen. Das geht aber nur dank Menschen wie dir, doe ihre Freizeit aufbringen, un anderen zu helfen!
Hi Tanja,
vielen Dank für deine netten Worte!
Es freut mich sehr zu hören das du dir den BBSB oder den in dem Bundesland deiner Mutter entsprechenden Landesverein anschauen willst.
Es macht mir viel Spaß Menschen zu unterstützen und drücke deiner Mutter die Daumen, dass sie einige zu ihr passende Angebote finden kann.
Falls du Fragen hast oder Hilfe bei der Kontaktaufnahme benötigst kannst du dich gern bei mir melden.
LG
Stephan
Stephan, ich finde ganz toll, was du da machst! Anderen Leuten helfen, ihnen Mut mit auf den Weg geben, ist eine ganz tolle Sache! Ich wusste übrigens gar nicht, dass du erblindet bist, sorry ich dachte du warst es schon von Geburt an! Umso mehr Respekt wie du alles meisterst! Ich weiß nicht, ob ich das könnte!

Liebe Grüße
Jana
Hi Jana,
vielen Dank für deine nette Nachricht.
Es freut mich dass du meine ehrenamtliche Arbeit schätzt.
Ja, ich habe erst im laufe meines Lebens mein Augenlicht verloren und anfangs war es eine große Herausforderung. Ich Glaube jedoch fest daran, dass es immer einen Weg gibt und sich an neue Situationen anzupassen.
Es ist gut zu wissen das meine Erfahrungen und Unterstützung anderen Mut machen können.
LG
Stephan
Wie toll! Es ist so wichtig, was Du da tust! Dass Deutschland ein Land der "Freiwilligen" ist, finde ich einfach toll, gerade in der Zeit heute, wo man das Gefühl hat, dass jeder nur an sich selbst denkt!

Ich selbst habe erst alle möglichen Ämter in der Schule gehabt, bin jetzt ja im Tierschutz tätig und unterstütze ein Kinderheim in Omaruru, in Namibia. Mein Lohn ist, Menschen einfach glücklich zu machen! Egal, ob in der Schule, bei den Hunden (da geht es sogar um Leben und Tod!) oder die Kinder in Omaruru, die es wirklich schwer haben!

Ic finde es super, was Du da machst!

Liebe Grüße, Bea.
Hi Bea,
vielen Dank für deine Nachricht.
Auch ich finde es ganz Toll, was du ehrenamtlich so machst!
Es ist wirklic inspirierend, wie vielfältig du dich einsetzt.
Deine Arbeit macht einen großen Unterschied im leben vieler Menschen und Tieren.
Es ist schön zu hören, wie sich Menschen in so vielen verschiedenen Bereichen für das Wohl anderer einsetzen.Danke das du meinen Beitrag mit deinen eigenen völlig anderem Engagement bereicherst.
LG
Stephan
Hallo Stephan,
das finde ich richtig toll wie du dich ehrenamtlich einsetzt!
Schön dass Alma so eine liebe und hilfreiche Unterstützung ist.
Es ist sehr wichtig Vorurteile in der Gesellschaft abzubauen, egal um welche Krankheit es geht.
Ganz liebe Grüße, Janina
Hi Janina,
auch dir vielen Dank für deine Nachricht.
Ja, genau gegen diese Vorurteile versuche ich anzugehen.
Und was könnte es da besseres geben als direkt bei Kindern anzufangen und dank Alma sind diese auch sehr aufmerksam und an meinem Leben und wie ich dieses trotzdem selbstständig leben kann interessiert.
LG
Stephan
Schön, dass du dich dafür einsetzt, dass Kinder einen Eindruck von der Behinderung bekommen. Das finde ich wichtig, weil es sie dafür im späteren Leben sensibilisiert und stärkt zu helfen. Und der Hund war mit Sicherheit ein Highlight. Mach weiter so!

Ich wünsche dir noch einen schönen Tag!
Liebe Grüße, Saskia Katharina
Hi Saskia,
oh ja Alma ist bei jeder Veranstaltung, egal ob es sich um Schüler wie auf dem Bild der dritten Klasse oder um Erwachsene handelt der Star und gleichzeitig ein Türöffner.
Du wirst nicht glauben wie sehr alleine durch ihre Anwesenheit die Kinder und andere Menschen lockerer werden und bereit sind ihren Horizont zu erweitern, um mehr über das Thema Sehbehinderung zu erfahren.
LG
Stephan
Stark, die Schüler bekommen so einen Eindruck davon, dass der Mensch mit Handicap auch ein Leben trotz/mit Behinderung hat. So lernen sie uns als normal kennen ohne ständig nur das Handicap zu betrachten. Achso, ich sollte vielleicht erwähnen, dass ich Rollstuhlfahrerin bin.
Liebe Grüße

Marie
Hi Marie,
ich habe mich sehr über deinen Kommentar gefreut!
Ja, es ist in meinen Augen sehr wichtig vorurteile abzubauen und den Menschen zu zeigen das unser Leben trotz Behinderung lebenswert ist.
Und wie du schon richtig erkannt hast ist es gut bei Kindern damit anzufangen, denn diese sind für das Thema offen und mit Glück tragen sie alles was sie von mir erfahren in die Welt.
LG
Stephan
Sehr schöner Artikel
Hi Beate,
es hat mich sehr gefreut dass dir mein Beitrag gefallen hat.
LG
Stephan
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